Muss der Betriebsrat bei einer Mitarbeiterbefragung eingebunden werden?
Eine Mitarbeiterbefragung wird in den meisten Fällen von der Unternehmensleitung oder der Personalabteilung initiiert. Oft geht es um ein Stimmungsbild. Das Management möchte wissen, wie die Mitarbeiter ihre aktuelle Situation am Arbeitsplatz und im Unternehmen generell einschätzen, ob die Arbeitnehmer zufrieden sind? Und ob es Verbesserungsbedarf gibt? Diese Fragen und damit die Mitarbeiterbefragung als solche liegen daher in der Regel auch im Eigeninteresse der Angestellten.
Dennoch stellt sich die Frage, ob die Mitarbeiterbefragung durch Betriebsratsmitglieder genehmigt werden muss. Muss der Betriebsrat bei der Mitarbeiterbefragung eingebunden werden? Besteht bei der Mitarbeiterbefragung ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmervertretung? Und falls ja, in welcher Form muss der Betriebsrat bei der Planung und Durchführung einer Mitarbeiterbefragung beteiligt werden? Den rechtlichen Rahmen für diese Fragen bildet das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).
Der Betriebsrat ist nicht für alle Arbeitnehmer zuständig
Das Betriebsverfassungsgesetz regelt dezidiert, welche Rechte und Pflichten der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber hat. Es regelt auch, welche Arbeitnehmer durch den Betriebsrat vertreten werden und damit in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen: Das BetrVG gilt im Wesentlichen für alle Arbeitnehmer – mit Ausnahme der leitenden Angestellten (siehe §5 BetrVG). Der gleiche §5 BetrVG definiert auch, wer zu den leitenden Angestellten zählt: Personen mit Personalverantwortung (§5 (3), 1 BetrVG) und Prokuristen (§5 (3), 2 BetrVG). Darüber hinaus weitere Personen mit besonderen Kenntnisse und Erfahrungen in leitender Funktion, welche Aufgaben von zentraler Bedeutung für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens weitestgehend eigenverantwortlich wahrnehmen (§5 (3), 3 BetrVG). Die Zugehörigkeit zur letzten Gruppe ist in §5 (4) BetrVG genauer definiert. Unter anderem fallen in diese Gruppe Angehörige des Managements, sofern sich auf ihrer Hierarchieebene überwiegend leitende Angestellte befinden. Und Personen, deren regelmäßiges Jahresbruttoeinkommen mehr als dreimal so hoch wie die in §18 Sozialgesetzbuch IV definierte Bezugsgröße ist. Dies entsprach im Jahr 2015 einem Bruttojahreseinkommen von knapp 100.000 EUR (in den alten Bundesländern).
Eine Befragung ausschließlich dieser Personengruppen fällt also nicht in den Zuständigkeitsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes und somit auch nicht in den Zuständigkeitsbereich des Betriebsrates. Sobald andere Arbeitnehmer als die hier aufgeführten leitenden Angestellten betroffen sind, finden die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes Anwendung.
Zu unterscheiden sind Zustimmungspflicht, Mitbestimmungsrecht und Informationsrecht
In bestimmten Fällen muss der Betriebsrat der Erhebung von Daten bei den Arbeitnehmern explizit zustimmen. Diese Zustimmungspflicht gilt beim Einsatz von Personalfragebögen, mit denen personenbezogene Daten erhoben werden (§94 BetrVG). Der entscheidende Punkt ist hier der Personenbezug. Diese Daten werden weder anonym erhoben noch nachträglich anonymisiert.
Auch deshalb ist es wichtig, dass Mitarbeiterbefragungen anonym und unter strenger Einhaltung des Datenschutzes durchgeführt werden. Würde die Anonymität aufgehoben und hätte der Betriebsrat dieser Datenerhebung nicht vorab zugestimmt, könnte sich eine Situation ergeben, in der die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung nicht mehr verwendet werden dürfen, weil ein Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz vorliegt.
Darüber hinaus hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei verschiedenen Themen. Der Themenkatalog, bei dem der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat, ist in §87 (1) BetrVG beschrieben. Im Wesentlichen handelt es sich hier um folgende Bereiche (Darstellung verkürzt):
- Fragen der Ordnung des Betriebes und Verhalten der Arbeitnehmer
- Arbeitsorganisation
- Arbeitszeiten und Urlaubsregelungen
- Arbeitsentgelte und Lohngestaltung
- Technische Einrichtungen zur Überwachung von Verhalten und Leistung
- Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Sozialeinrichtungen
- Betriebliches Vorschlagswesen
Sofern eines oder mehrere dieser Themen in der Mitarbeiterbefragung behandelt werden, ergibt sich zunächst einmal ein Informationsrecht für den Betriebsrat. Das Informationsrecht ist in § 80 (2) BetrVG geregelt. Es besagt sinngemäß, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat alle verfügbaren Informationen zur Verfügung stellen muss, die der Betriebsrat für die Erfüllung seiner Aufgaben benötigt. Und zwar „rechtzeitig“ und „umfassend“. Auch wenn die Begriffe „rechtzeitig“ und „umfassend“ einen Interpretationsspielraum zulassen, erscheint es angebracht, den Betriebsrat mindestens über die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung zu informieren – und zwar noch vor der übrigen Belegschaft. Aus unserer Sicht wäre auch die Information des Betriebsrates über den Fragebogen und dessen Inhalte – vor der Befragung – durchaus im Sinne einer rechtzeitigen Information.
Ob darüber hinaus auch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Fragebogengestaltung und der Organisation der Mitarbeiterbefragung besteht, hängt unserer Ansicht nach vom Zweck der Mitarbeiterbefragung und den unmittelbaren Konsequenzen der Ergebnisse ab. Denkbar wäre der Fall, dass die Mitarbeiter im Zuge der Befragung darüber abstimmen, wie einzelne Aspekte der Arbeitsorganisation in Zukunft geregelt werden sollen. Oder ob ein bestimmtes technisches System eingeführt wird, mit dem sich unter anderem auch die Arbeit überwachen ließe. In diesen Situationen wäre es naheliegend, dass der Betriebsrat auch ein Mitbestimmungsrecht im Rahmen der Mitarbeiterbefragung hat. Nebenbei bemerkt ist es in diesem Zusammenhang auch möglich, dass eine Mitarbeiterbefragung durch den Betriebsrat überhaupt erst initiiert wird.
Keyfacts
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Konfrontation oder partnerschaftliche Zusammenarbeit?
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Betriebsrat in den meisten Anwendungsfällen einer Mitarbeiterbefragung zwar ein Recht auf Information, nicht jedoch auf Mitbestimmung hat. Die Frage ist, ob die Unternehmensleitung auf dieser Rechtslage bestehen möchte oder ob es nicht zielführender ist, die Arbeitnehmervertretung trotz des fehlenden rechtlichen Anspruches mit einzubinden? Unserer Ansicht nach ist die partnerschaftliche Zusammenarbeit fast immer der bessere Weg. Denn letztlich geht es bei der Mitarbeiterbefragung auch um Vertrauen und Respekt. Steht der Betriebsrat gemeinsam mit der Unternehmensleitung hinter der Befragung, steigert das die Akzeptanz der Mitarbeiterbefragung bei den Arbeitnehmern deutlich. Das muss nicht zwingend in einer formalen Betriebsvereinbarung münden. Unserer Erfahrung nach ist die Zusammenarbeit aller Beteiligten Akteure in einer Projektgruppe, deren Aufgabe die Mitarbeiterbefragung ist, sehr förderlich.
Ohne eine breite Beteiligung der Mitarbeiter stehen die Ergebnisse der Befragung dagegen nur auf einem sehr dünnen Fundament. Damit wäre letztlich keinem gedient.
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